Michael, 18 Jahre, berichtet:
Meine Eltern waren damals auf dem Homöopathie-Trip und ließen meine wiederkehrenden Mittelohrentzündungen (MOE) nicht etwa antibiotisch behandeln, sondern homöopathisch. Ich war damals im typischen Alter für MOE, zwischen drei und fünf Jahre alt und hatte mindestens vier eitrige Entzündungen pro Jahr. Erstens musste ich dadurch schwere Schmerzen erleiden, an die ich mich noch heute erinnere, denn auch Schmerzmittel waren bei uns damals verpönt. Meine lieben Eltern wollten sie wegen des „natürlichen Krankheitsverlaufs“ nicht geben und ich konnte mich damals noch nicht dagegen wehren. Zweitens habe ich dadurch, dass die Entzündungen unbemerkt auf mein Innenohr übergingen, bleibende Gehörschäden erlitten. Meine Sprachentwicklung war deutlich verzögert und ich hatte immer das Gefühl, als würde ich in Watte stecken oder als hätte ich Wasser im Ohr. Ich habe mich deshalb auch geweigert, schwimmen zu lernen und kann es bis heute nicht.
Es war für mich schwer, mich mit anderen Kindern auszutauschen und im Kindergarten und in der Schule war es mir immer zu laut. Ich hatte echt eine stressige Kindheit und bin heute noch wütend auf meine Eltern, dass sie mich nicht adäquat behandeln ließen! Natürlich weiß ich, dass man nicht jede MOE mit einem Antibiotikum behandeln muss, die meisten davon sind ja viral bedingt, aber bei mir floss jedes Mal der Eiter nur so aus den Ohren – da hätte man sicherlich mit einem Antibiotikum nichts falsch gemacht. Und man hätte damit verhindern können, dass mein Innenohr geschädigt wurde.
Mir half dann später nur eine Operation. Mit der sogenannten Tympanoplastik rekonstruierten die Ärzte mein zerstörtes Trommelfell und die kleinen Gehörknöchelchen, die den Schall zum Innenohr übertragen. Seither geht es mir besser, aber der Weg dorthin, den würde ich anderen Betroffenen gerne ersparen!
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