Placebo ist lateinisch und bedeutet „ich werde gefallen“. Der Placebo-Effekt meint also eine durch ein wirkstofffreies Scheinmedikament beim Patienten erzeugte subjektive Heilung oder Milderung eines krankhaften Zustands, vermutlich ausgelöst durch Anregung physiologischer Selbstheilungsprozesse oder Veränderung der Selbstwahrnehmung.
Wenn also Homöopathika nachweislich keinen spezifischen medizinischen Nutzen entfalten können, wofür sind sie dann gut?
Man könnte durchaus so argumentieren, dass Placebos gerade in der Kinderheilkunde ihre Berechtigung haben, wo nicht-behandlungspflichtige Befindlichkeitsstörungen wie unspezifische Bauchschmerzen, Unruhezustände und kleine Verletzungen ( z.B. durch Stürze beim Laufenlernen) an der Tagesordnung sind. Warum nicht dem Kind in solchen Situationen Globuli verabreichen, wenn die doch über den Placebo-Effekt die Selbstheilungskräfte unterstützen?
An dieser Stelle möchte ich mit meiner Überzeugung einhaken, dass Globuli und Co. der falsche Weg im Umgang mit Krankheit und Befindlichkeitsstörungen sind, selbst wenn ihre Verabreichung eine – oft nur scheinbare – Zustandsverbesserung erzielen kann.
Natürlichkeit neu zu denken heißt für mich, sich zu fragen, was das Kind in der jeweiligen Situation brauchen könnte, was also seine Selbstheilungskräfte ohne Scheinmedikament aktiviert, und ihm DAS zu geben:
Ist es gestürzt und hat sich verletzt, braucht es liebevollen Trost, ein Pflaster und eventuell ein Cool-Pack. Ist es sehr überdreht und unruhig, hilft vielleicht eine Runde Kuscheln und Vorlesen auf dem Sofa. Hat es unspezifische Bauchschmerzen, nützen womöglich eine Wärmflasche oder das Herumtragen im Fliegergriff.
Wer in diesen und ähnlichen Situationen seinem Kind Globuli verabreicht, wird bei ihm damit letztlich nur den Eindruck erwecken, dass jegliche körperliche Beschwerden der medikamentösen Intervention bedürfen – meiner Ansicht nach eine ausgesprochen fragwürdige Botschaft.
Natürlichkeit neu zu denken heißt für mich aber auch, das in seinem Wohlbefinden beeinträchtigte Kind gut zu beobachten und ein Gefühl dafür zu entwickeln, wann ein Besuch beim Kinderarzt nötig ist:
Ein Kind, das gestürzt ist, könnte z.B. außer der Blessur am Knie auch eine Gehirnerschütterung haben. Unspezifische Bauchschmerzen könnten eine Mittelohr- oder Blasenentzündung kaschieren. Unruhezustände oder Apathien könnten den Beginn eines ernsten Infekts markieren.
Wer seinem Kind in solchen Situationen erstmal Globuli gibt und auf die Wirkungsentfaltung wartet, könnte leider auch unnötig Zeit verstreichen lassen, die das Leid des Kindes verlängert oder seine medizinische Behandlung verkompliziert.
Wer sein Kind liebt, möchte es verständlicherweise vor Unwohlsein und Leid beschützen bzw. solche Zustände möglichst schnell beenden. Leider gibt es aber nicht für jeden Zustand schnelle Abhilfe in Form eines Kügelchens oder einer Tablette – diese Erkenntnis trifft junge Eltern oftmals zum ersten Mal hart, wenn sie hilflos miterleben, wie ihr Baby sich vor Bauchschmerzen krümmt und nichts dagegen wirklich hilft.
Aus meiner Sicht als Hebamme möchte ich Euch in diesem Zusammenhang Mut machen, entweder zu akzeptieren, dass diese Krise nicht sofort beendet werden kann, aber durch Zuwendung und Fürsorge für das Kind leichter wird. Oder ärztlichen Rat einzuholen, auch wenn Ihr befürchtet, für Eure vermeintliche Überbesorgtheit belächelt zu werden. Meiner Erfahrung nach haben Kinderärzte immer Verständnis für verunsicherte Eltern und stehen ihnen gern beratend zur Seite.
In diesem Sinne wünsche ich Euch und Euren Kindern alles Gute und eine wunderbare Zeit.
Bild: Für das INH zur Verfügung gestellt (privat)
Dieser Beitrag erschien zuerst auf der Facebook-Seite von „Susannchen braucht keine Globuli“.