Gilt im ganzen Universum: Nichts bewirkt nichts!

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Tafel mit der Aufschrift Ohne einen Wirkstoff wirkt nichts. Das ist ein wesentlicher Grundsatz unserer Kritik an der Homöopathie. In dieser Lehre geht man davon aus, dass ein Mittel immer stärker wirkt, je weiter man den Urstoff, auf dem diese Wirkung beruhen soll, verdünnt bis man ihn schließlich ganz aus dem Präparat entfernt hat. Und selbst dann kann man angeblich die Wirkung weiter verstärken, indem man weiter reines Lösungsmittel mit reinem Lösungsmittel verdünnt – und natürlich immer schüttelt.

In unserem offenen Brief an Prof. Tom Bschor hatten wir seine Aussage kritisiert, dass das Fehlen eines Wirkstoffes kein hinreichender Grund sei, vom Fehlen einer Wirkung auszugehen. In seiner Antwort nannte Bschor einige physikalische Effekte, etwa den Magnetismus oder Effekte des elektrischen Stroms, die eben doch als eine Wirkung ohne Wirkstoff erscheinen. Grund genug, ausführlicher darzustellen, warum das nicht der Fall ist.

Wenn was wirkt, was wirkt dann?

In der Physik gibt es lediglich vier Grundkräfte, von denen nur zwei, Gravitation und Elektromagnetismus, über den Atomkern hinaus wirksam sind. Da die Gravitation in unseren Maßstäben nur von sehr geringer Stärke ist – außer der Erdanziehung merken wir von der Massenanziehung nichts – sind alle Wirkungen und Phänomene Folgen elektromagnetischer Kräfte. Das Ausmaß oder die Art der Wirkung wird lediglich durch verschiedene Parameter bestimmt: wie dicht die entsprechenden Massen zusammenkommen beispielsweise, oder wie groß diese Massen sind. Davon ist abhängig, ob eine chemische Verbindung mit neuen Eigenschaften entsteht, ob die verschiedenen Partikel zu einem Festkörper verbunden werden oder ob auch gar nichts passiert, wenn die Entfernung für eine fühlbare Wirkung zu groß ist.

Der Begriff des „Wirkstoffs“ ist daher zu eng gefasst, wenn man nur einen inneren Bestandteil eines Körpers oder eines Arzneimittels in Betracht zieht. Da der Elektromagnetismus auch über größere räumliche Abstände wirken kann – man denke etwa an Radiowellen – kann ein Wirkstoff auch außerhalb des Objekts angeordnet sein, an dem der Effekt beobachtet werden kann. Da der Elektromagnetismus das grundlegende Wirkprinzip ist, besteht kein prinzipieller Unterschied zwischen einem inneren und einem äußeren Wirkstoff, wenn auch das Resultat höchst unterschiedlich ausfallen kann. Aus dieser Sicht gilt:

Damit eine Wirkung auftritt, ist in jedem Fall eine materielle Ursache erforderlich, die sich auch in einer gewissen Entfernung befinden kann, sofern es eine Anbindung oder Übertragung an den Wirkort gibt, etwa in Form elektromagnetischer Wellen, die die Wirkung von einer Sendeantenne auf eine Empfangsantenne übertragen.

Ein weiterer wichtiger Punkt ist, dass die Objekte eine geeignete Form haben müssen, um die Wirkung hervorzurufen bzw. zu registrieren. Die genannten Antennen eines Senders und eines Mobiltelefons müssen spezielle Formen haben, damit die Signale abgestrahlt und aufgenommen werden können. Mit einfachen Metallklötzen wäre das nicht möglich.

In den folgenden Beispielen gäbe es keine Wirkung, wenn diese von keinem anderen materiellen Gebilde hervorgerufen werden würde, das sich dafür hinreichend nah am Ort des Geschehens befinden muss.

    • Ein Mobiltelefon empfängt nur dann Signale, wenn ein Sender als „Wirkstoff“ diese als elektromagnetische Wellen abstrahlt. Ohne den Sender passiert gar nichts.
    • Damit ein Metallstab magnetisch wird, bedarf es eines Magneten oder eines von einem Strom durchflossenen Leiters in der Nähe, den ein Magnetfeld umgibt, das auf den Metallstab einwirkt. Ohne diese Objekte passiert gar nichts.
    • An einen Akkumulator muss ein  substanzieller Stromkreis angeschlossen sein, der einen Ladestrom liefert, sonst ändert sich der Ladezustand des Akkus nicht.
    • An diesen Akkumulator muss ein Stromkreis mit einem Verbraucher angeschlossen sein, damit sich der Akku entlädt.
    • Die über lange Zeit auftretende Selbstentladung von Batterien und Akkumulatoren hat ihre Ursache in inneren Strömen, die dadurch zustande kommen, dass die interne Isolierung zwischen den Ladungen unvollkommen ist und nur mit gewissen Einschränkungen wirksam werden kann.
    • Die Veränderung, die eine Lampe erleben muss, damit sie leuchtet, ist enorm. In einem Kraftwerk kann man das Material, also den Wirkstoff besichtigen, der nötig ist, damit Lampen leuchten, wenn man den Schalter betätigt.

Natürlich kann niemand behaupten, dass dieser Kenntnisstand endgültig ist. Es mag andere als die vier Grundkräfte geben, was tatsächlich auch Gegenstand einer wissenschaftlichen Diskussion ist. Aber eines ist allen Entdeckungen der Physik seit über 100 Jahren gemein: Die Widersprüche, die zu den modernen Forschungen und neuen Erkenntnissen führen, passieren weit außerhalb unserer Erfahrungswelt. Ob sich ferne Galaxien anders bewegen als nach dem Gravitationsgesetz eigentlich zu erwarten, ob sich erstaunliche Effekte aus der Quantenphysik ergeben – unsere erlebbare Welt ist mit den bisherigen Modellen hervorragend beschreibbar.

Kein Wissenschaftler vermisst eine fünfte Grundkraft  für die Erklärung der Alltagsphänomene, die wir wahrnehmen und reproduzieren können. Neue Erkenntnisse, wie die Relativitätstheorie als prägnantestes Beispiel, stellen Verallgemeinerungen der Modelle dar, die unsere erlebbare Umwelt beschreiben, indem sie diese Modelle für Bereiche erweitern, die sich unserer normalen erleb- und erfahrbaren Welt entziehen, seien es die unvorstellbare Weite des Universums oder der subatomare Bereich, in denen Erscheinungen auftreten, die  wir nur mit ausgeklügelten Messmethoden überhaupt beobachten können.  Die Newtonsche Mechanik erweist sich als ein Sonderfall der Relativitätstheorie – und wird dadurch nicht etwa widerlegt, sondern erweitert. Die Geschwindigkeiten, ab denen sich nach der Relativitätstheorie die Zeitverläufe oder die Massen in einer  Größenordnung ändern, die für uns fühlbar wäre, sind weit außerhalb dessen, was wir je werden erreichen können. Außerhalb der physikalischen Fakultäten bleiben diese Beobachtungen ohne große Auswirkungen, wenn uns diese nicht durch komplexe Technik (Kernkraftwerk, Fusionsreaktor) zugänglich gemacht werden.

Was bedeutet das für die Homöopathie?

Aus dieser Betrachtungsweise heraus ist völlig unverständlich, wie Homöopathika in Ermangelung eines Wirkstoffes eine materielle Wirkung auf den Patienten ausüben können sollen. Es mag so sein, dass in der Medizin auch anderswo Heilmethoden eingesetzt werden, die nicht in letzter Konsequenz verstanden sind. Eigentlich sind das alle, denn man muss nur oft genug “Warum ist das so?” fragen, und irgendwann, meistens überraschend schnell, findet man keine Antwort mehr. Jeder, dessen Kinder eine Phase durchlaufen haben, in der jeder zweite Satz mit „Warum“ anfängt, kennt das. Man findet also immer sehr leicht Aspekte, die „noch nicht letztendlich verstanden werden“, wenn man ausreichend tief in eine Problemstellung eindringt.

Bei der Homöopathie ist das allerdings schon zu einem recht frühen Zeitpunkt der Fall. Dort ist nicht etwa unklar, welcher Rezeptor auf welche Art und Weise angesprochen wird, nein, es ist vollkommen unklar, wie das Ausgangsmaterial der Herstellung des jeweiligen Homöopathikums überhaupt an/auf/in den Patienten gelangen könnte. Es ist keine Art der Verbindung zwischen dem Patienten und dem schon lange im Ausguss des  Herstellers verschwundenen Ausgangsmaterial vorstellbar, die diese Distanz überbrücken könnte.

Die Naturwissenschaften können selbst Effekte erklären und voraussagen, die weit außerhalb unserer Erlebenswelt liegen und sich dabei bewährt  haben. Da ist für Spekulationen, dass es eine noch nicht erkannte Kraft geben könnte, die unser materielles Dasein beeinflusst, kein Platz und keine Notwendigkeit.

Somit bleibt der Satz gültig: Ohne eine materielle Ursache gibt es keine materielle Wirkung, und das Heilen von Krankheiten und Beschwerden ist eine materielle Wirkung.


Bild von Gerd Altmann auf Pixabay

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