Der Zahndurchbruch (die Dentition) beginnt bei den meisten Babys im 6. Lebensmonat und ist eine schmerzhafte Angelegenheit. Bevor ein Zahn das Licht der Mundhöhle erreicht, muss er sich zunächst durch die Knochenhaut (das Periost) des Knochens durchkämpfen, um dann die Mundschleimhaut (die Gingiva) zu durchbrechen. Die Knochenhaut ist sehr schmerzempfindlich – das kennen wir alle vom Schienbein – die Mundschleimhaut ist dagegen weit weniger schmerzempfindlich. Der Zahndurchbruch kann begleitet sein von Allgemeinsymptomen wie Fieber und Unwohlsein.
Etwas erleichtert werden kann der Zahndurchbruch durch Beißhilfen (Beißringe etc.). Die Schmerzen können im schlimmsten Fall mit einem lokal wirkenden Mittel (Lokalanästhetikum; z.B. „Dentinox-Gel“) reduziert werden. Manchmal ist die Gabe von Schmerzzäpfchen zu empfehlen. Doch in allen Fällen hilft die Gewissheit: Es geht vorbei. Liebevolles Kümmern ist immer hilfreich.
Für homöopathische Zahnungsmittel (z. B. Chamomilla, Komplexpräparate) gibt es hingegen keinerlei Wirkungsnachweis. Weder beeinflussen homöopathische Zahnungsmittel die Schmerzintensität im Bereich der Knochenhaut, noch bewirken sie eine Beschleunigung der Durchbruchsgeschwindigkeit der Zähne.
In den letzten Wochen machten zudem Meldungen der amerikanischen Arzneimittelzulassungsbehörde FDA (Food an Drug Administration) die Runde („FDA to Parents: Don’t Give Your Kids Homeopathic Teething Tablets“), die vor homöopathischen Zahnungsmitteln warnte. Bereits im Oktober 2010 warnte die FDA Verbraucher vor der Verwendung belladonnahaltiger homöopathischer Zahnungstabletten, nachdem Berichte über Symptome von Belladonna-Vergiftungen bei Kleinkindern bekannt geworden waren und die FDA „inkonsistente“ Gehalte an Belladonna in den Präparaten festgestellt und fehlende Kindersicherung an den Behältern bemängelt hatte. Die Präparate enthielten laut Herstellerauszeichnung seinerzeit Belladonna in einer Potenz von D3, also noch mit einer Wirkstoffkonzentration, bei der eine physiologische Wirkung nicht ausgeschlossen war.
Die Produkte wurden zurückgerufen und nach einer „Überarbeitung des Produktionsprozesses“ 2011 wieder in die Sortimente eingestellt.
In den nächsten sechs Jahren erhielt die FDA weitere rund 400 Berichte über Kinder mit belladonnatypischen Krankheitsmerkmalen. Darunter waren zehn Todesfälle. Es gab hierzu auch eine Vielzahl von Verbraucherklagen, obwohl es schwierig sein dürfte, im Nachhinein mehr als einen zeitlichen Zusammenhang zwischen den Beschwerden und der Einnahme der Präparate festzustellen.
Aufgrund der Vielzahl von Beschwerdefällen seit der ersten Warnung 2010 hat die FDA am 9. September 2016 eine förmliche Untersuchung zu den homöopathischen Zahnungsmitteln begonnen. Eine erneute Warnung der FDA zu diesen Mitteln erging am 30. September 2016. Die jetzigen Mittel enthielten nach Herstellerangabe Belladonna D6 bzw. D12. In dieser Verdünnung wäre auch bei Überdosierung keine Wirkung / Nebenwirkung mehr möglich gewesen. Am 27. Januar 2017 bestätigte die FDA jedoch, dass laut ihren Laboranalysen die homöopathischen Präparate erneut „uneinheitliche Mengen an Belladonna […] , enthielten, die teilweise die auf dem Etikett angegebene Menge überstiegen“.
Autor: Zahnmediziner Dr. med. dent. Hans-Werner Bertelsen
Mehr lesen unter: „Globuli-Medizin mit Nebenwirkung“
Erratum, 17,02,2017: Korrektur zum Zeitablauf bei der FDA.