Kurzer Überblick über das Leben Samuel Hahnemanns, des Begründers der Homöopathie

Lesedauer / Reading Time: 5 min
Porträt von Samuel Hahnemann (zeitgenössischer Stahlstich)
Samuel Christian Friedrich Hahnemann. Line engraving by L. B
Wellcome Library, London

1755 zerstört ein verheerendes Erdbeben Lissabon, der britisch-französische Krieg um Nordamerika tobt und am 10. April wird in Meißen (Triebischvorstadt) Christian Friedrich Samuel Hahnemann als drittes Kind des Porzellanmalers Christian Gottfried und seiner Ehefrau Johanna Christine Hahnemann geboren. Noch war natürlich nicht absehbar, dass dieses kleine unschuldige Kind den größten Hoax der Medizin erfinden sollte: die Homöopathie. Der kleine Samuel ging in seinem Geburtsort Meißen zuerst in die Stadtschule und dann mit einem Stipendium zur Fürstenschule St. Afra.

Ab 1775 studierte er Medizin in Leipzig, wobei er sich zum Broterwerb als Übersetzer (für viele medizinische Texte) und Sprachlehrer verdingte. Eine weitere Station seines Studiums war Wien, wo er ein gutes Dreivierteljahr blieb, bis er eine Stelle als Bibliothekar und Leibarzt beim neuen kaiserlichen Statthalter von Siebenbürgen, Freiherr Samuel von Brukenthal, erhielt. Die nächsten zwei Jahre verbrachte er deshalb auch in Hermannstadt (heute Sibiu), wo er auch in die Freimaurerloge „Zu den drei Seeblättern“ aufgenommen wurde.

1779 promovierte er an der Universität Erlangen. Er arbeitete aber nicht nur als Arzt, sondern auch als Chemiker, Übersetzer und Schriftsteller. Er wechselte auch oft den Wohnort und zog durch zahlreiche nord- und mitteldeutsche Städte, wobei sein ärztlicher Erfolg zwischen Praxisschließungen und völliger Überarbeitung pendelte. Auch seine chemischen Experimente setzte er fort, wobei sein größter Erfolg die „Hahnemannsche Weinprobe“ gewesen sein dürfte. Mit diesem kleinen Experiment konnte man erkennen, ob ein Wein mit giftigem Bleizucker versetzt war. Die preußische Regierung schrieb diese Weinprobe den Berliner Weinhändlern gesetzlich vor.

1782 heiratete Hahnemann die Tochter des Hettstedter Apothekers, Frau Johanna Leopoldine Henriette Küchler, die ihm elf Kinder in rascher Folge schenken sollte.

Die Liste der Wohnorte der Hahnemann’schen Familie bis 1796 ist lang: Gommern – Dresden – Lockwitz – Leipzig – Stötteritz – Gotha – Königslutter – Moschleben – Göttingen – Pyrmont – Wolfenbüttel – Braunschweig. Im Schnitt zog er jährlich um, was hauptsächlich den wirtschaftlichen Möglichkeiten der einzelnen Orte geschuldet war. Allerdings gab es auch oft Streit mit Apothekern, da sich der Arzt Hahnemann auch als Chemiker und Pharmazeut verdingte und somit in fremden Revieren wilderte. So ist auch der Leipziger Dispensierstreit (siehe weiter unten) ein prominentes Beispiel.
Seine wechselnden Beschäftigungen brachten ihm aber auch Einblicke in exotischere Bereiche seines Berufes. So unterstützte er z. B. in Dresden den Stadtphysikus, was ihm Einblick in die Gerichtsmedizin der damaligen Zeit gab. Dies schlägt sich auch in seiner Denkschrift über die Arsenikvergiftung nieder.
In Stötteritz, einem Vorort von Leipzig, übersetzte Hahnemann 1790 die zweibändige Arzneimittellehre des schottischen Arztes William Cullen und in einer Fußnote berichtete Hahnemann erstmals von seinem an sich selbst durchgeführten Chinarindenversuch. Dieser kann als erster Schritt zur Entwicklung der Homöopathie gelten.

Dass Hahnemann zu Beginn der 1790er Jahre eine recht gute Reputation besaß, zeigt sich in den Aufnahmen in die „Churfürstlich Mayntzische Academie nützlicher Wissenschaften“ in Erfurt (1791) und in die „Gelehrtenakademie Leopoldina“ (1793).

Von 1792 bis 1793 leitete er eine „Genesungs-Anstalt für etwa 4 irrsinnige Personen aus vermögenden Häusern“, die vom Verleger Becker in Gotha gegründet wurde.

Drei Jahre später, nachdem er sein erfolgreiches Apothekerlexikon in zwei Bänden herausgebracht hatte, formulierte er erstmals öffentlich seine Theorie über das von ihm erdachte Heilverfahren. Und zwar in einem Artikel, der 1796 in „Hufelands Journal der practischen Arzneykunde und Wundarzneykunst“ erschien und den Titel trug „Versuch über ein neues Princip zur Auffindung der Heilkräfte der Arzneysubstanzen, nebst einigen Blicken auf die bisherigen“. Hierin stoßen wir auch erstmals auf den Lehrsatz, dass Ähnliches mit Ähnlichem geheilt werden solle.

In Altona (1799) und Mölln (1800), wo er als nächstes hinzog, hatte er kein großes Glück mit seinen Unternehmungen. In Altona floppte ein „Pülverchen“, das die Ansteckung mit Scharlach verhindern sollte und in Mölln verkaufte er Borax unter der Bezeichnung „neues Laugensalz“. Man kam dahinter und er musste das eingenommene Geld wieder rückerstatten.

Machern – Eilenburg – Schildau. Wieder häufige Umzüge zwischen 1801 und 1803. In dieser Zeit findet man aber auch in seinen Krankenjournalen die ersten Berichte über homöopathische Behandlungen. In seinem Aufsatz „Ueber die Kraft kleiner Gaben der Arzneien überhaupt und der Belladonna insbesondere“ (erschienen in Hufelands Magazin) vertieft er seine Theorie weiter.

1805, als er in Torgau lebte, gebrauchte er erstmals den Begriff der Homöopathie. Dies wieder in einem Aufsatz, der bei Hufeland erschien: Fingerzeige auf den homöopathischen Gebrauch der Arzneien in der bisherigen Praxis. Auch erste Bücher erschienen, wie die „Heilkunde der Erfahrung“, ein Vorläufer des 1810 erstmals erschienenen „Organon der Heilkunst“.

Ebenfalls in dieser Zeit erschien sein Buch „Fragmenta de viribus medicamentorum positivis sive in sano corpore observatis“, zu Deutsch „Fragmente zu den gesicherten Arzneikräften oder auch derjenigen, die am gesunden Körper beobachtet wurden“. Beide Bücher sind insofern interessant, da hierin die von ihm durchgeführten Selbst- und Fremdversuche geschildert werden.

1810 erscheint die erste Auflage des „Organon der rationellen Heilkunde“ (ab der zweiten Auflage „Organon der Heilkunst“), das bis heute die „Bibel“ der Homöopathen darstellt. Aufgrund des anmaßenden und polemischen Tenors dieses Werkes entzündeten sich daran einige kontroverse Diskussionen. Ein Jahr später erscheint erstmals die „Reine Arzneimittellehre“, in der die Arzneimittelprüfung an gesunden Menschen vorgestellt wurde.

1812 habilitiert sich Hahnemann an der Leipziger Universität und beginnt nun auch Vorlesungen zur Homöopathie zu halten. Auch seine Arzneimittelversuche setzte er fort, dies hauptsächlich an seinen Studenten. Allerdings stieß seine Arbeit für die Homöopathie schon damals nicht nur auf Gegenliebe und bald war Hahnemann in umfangreiche akademische Diskurse verwickelt.

Hahnemann suchte aber auch die Konfrontation auf anderen Gebieten. Obschon die Leipziger Apotheker das Privileg zur Herstellung von Arzneimitteln hatten, beharrte er darauf, seine Präparate selbst herzustellen – woraufhin er von drei Apothekern verklagt wurde. Der Prozess endete mit einem Vergleich, der so aussah, dass die Apotheker ihr Privileg behielten und Hahnemann nur im Notfall oder in Landgemeinden selbst tätig werden durfte. Dieser Prozess ging als „Leipziger Dispensierstreit“ in die Geschichte ein.

Diese Niederlage schmeckte Hahnemann natürlich nicht und so zog er 1821 nach Köthen um, wo ihm der Herzog von Anhalt-Köthen ein Privileg zur Selbstdispensierung gewährte. In die Köthener Zeit fiel auch die erste Auflage der „Chronischen Krankheiten“, einem auch unter Anhängern der Homöopathie nicht unumstrittenen Werk, führte Hahnemann hierin doch erstmals den Gedanken der „Miasmen“ ein. Auch den Gedanken, dass die Potenzierung durch Schütteln während der Verdünnungsschritte geschehen soll, wurde zu dieser Zeit von Hahnemann erstmals ausformuliert. Er versprach sich hierdurch die Herstellung von nebenwirkungsfreieren Präparaten.

Während seiner Zeit in Köthen überarbeitete Hahnemann das Organon zweimal. In diesen beiden Auflagen vertrat Hahnemann auch erstmals die Idee, dass eine immaterielle Lebenskraft des Organismus der Ursprung des Simile-Prinzips sei. Auch diese Idee wurde nicht von allen seinen Anhängern geteilt. Allgemein bleibt zu sagen, dass in den 1830er-Jahren die Richtungskämpfe innerhalb der Homöopathen stark zunahmen und sich Hahnemann oftmals auch recht drastisch über seine „Gegner“ äußerte.

Aber auch privat tat sich einiges bei Hahnemann, 1830 verstarb seine Frau und Ende 1834 lernte er in seiner Praxis die französische Malerin Mélanie d’Hervilly kennen. Beide verliebten sich ineinander und ihre Hochzeit in Hahnemanns Haus nach nur wenigen Wochen am 18. Januar 1835 sorgte für Gesprächsstoff in der Köthener Gesellschaft. War die Braut mit ihren 34 Jahren doch 45 Jahre jünger als der Bräutigam. Auch dass die Hochzeit in einer privaten Zeremonie ohne kirchlichen Segen durchgeführt wurde, feuerte den Klatsch an.

1835 übersiedelte Hahnemann mit seiner neuen Frau nach Paris, wo er – genau wie in Köthen – eine homöopathische Praxis eröffnete. Hahnemann arbeitete hier an der sechsten Auflage des Organon, die er 1842 auch beendete. Hierin führte er die Q-Potenzen ein, die Verdünnungsschritte von 1:50.000 beinhalteten.

Samuel Hahnemann verstarb am 2. Juli 1843 in Paris, wo er auch heute noch begraben liegt. Die sechste Auflage seines Organon konnte durch Streitereien zwischen Mélanie Hahnemann und Schülern ihres Mannes allerdings erstmalig 1921 in der Herausgeberschaft von Richard Haehl erscheinen.


Autor: Michael Scholz


Bildnachweis: Samuel Christian Friedrich Hahnemann. Line engraving by L. Beyer after J. Schoppe, senior, 1831.
Copyrighted work available under Creative Commons CC BY 4.0 http://creativecommons.org/licenses/by/4.0/

Top