Es dürfte wohl wenige Familien geben, deren Leben in der Öffentlichkeit besser dokumentiert ist als das der Windsors. Wobei wir die Familien Kennedy und Grimaldi einmal außen vor lassen. Dies natürlich vor allem durch die Regenbogenpresse, aber auch durch seriöse Medien, Buchpublikationen und Fernsehsendungen. So verwundert es nicht, dass auch der letzte persönliche Aspekt der Familie Windsor beleuchtet wird, wobei es natürlich auch Aspekte gibt, die von der Familie selbst publik gemacht werden.
So ist wohl vielen bekannt, dass die Familie Windsor ein großer Freund der Homöopathie ist. Elizabeth II. ist Schirmherrin des „Royal London Homoeopathic Hospital“ und ihre Mutter war bis zu ihrem Tode die Schirmherrin der „British Homeopathic Association“. Zu Prinz Charles kommen wir später noch ausführlicher. Sogar ihre Corgies behandelt Queen Elizabeth II. im Krankheitsfalle mit Homöopathika.
Die Begeisterung der königlichen Familie begann mit zwei Deutschen, die die homöopathische Praxis im britischen Königshaus installiert haben. Die erste ist Adelheid von Sachsen Meiningen (1792-1849), die sich von einem Dr. Stapf erst postalisch und ab 1835 auch persönlich homöopathisch behandeln ließ.
Der zweite war Leopold von Sachsen-Coburg-Saalfeld, ab 1831 König der Belgier und sowohl Onkel von Queen Victoria als auch von ihrem Ehemann, dem Prinzen Albert von Sachsen-Coburg und Gotha. Leopold lernte um das Jahr 1825 den Homöopathen Dr. Frederic Hervey Foster Quin kennen und nahm ihn 1827 mit nach London, um ihn am Königshof einzuführen.
Beide haben somit den Grundstein für die homöopathische Tradition im britischen Königshaus gelegt, wobei besonders die weiblichen Mitglieder der Familie hier starke Anhänger waren.
Allerdings muss man der Familie Windsor zugute halten, dass sie den Konsum der Homöopathika durchaus als familieninterne Angelegenheit sahen. So ist zwar Königin Elizabeth II. Schirmherrin des Royal London Homoeopathic Hospital (das es inzwischen als solches nicht mehr gibt, nachdem der NHS sehr streng nachhält, ob ihnen entgegen den neuen Spielregeln Kliniken homöopathische Therapien unterjubeln wollen), doch äußert sie sich in der Öffentlichkeit nicht dazu. Ganz anders ihr Sohn Charles, der Prince of Wales. Er betreibt eine aggressive Lobbyarbeit für die Homöopathie. Nicht nur, dass er 1996 die Stiftung „The Prince’s Foundation for intergrated Health (FIH)“ gründete, sondern er versuchte auch, ganz konkret die britische Gesundheitspolitik in seinem Sinne zu beeinflussen.
Erstmals geriet Charles 2013 in den Verdacht, bei einem Treffen mit dem damaligen Gesundheitsminister Jeremy Hunt auch Propaganda für Homöopathika gemacht zu haben, wie damals die Zeitung „The Independent“ berichtete. Auch veröffentlichte Charles zwei Leitfäden zur alternativen Medizin, die allgemein auf Unverständnis stießen, genauso wie eine Rede vor der Jahresvollversammlung der Weltgesundheitsorganisation, in der er über „heilende Kräfte“ sprach.
Während der Regierungszeit von Premierminister Tony Blair, speziell in den Jahren von 2007 bis 2010, war der von Charles betriebene Lobbyismus enorm. In diesen drei Jahren schrieb er 27 Briefe an die verschiedensten Minister und den Premierminister selbst und nutzte so seine herausgehobene Position, um die Politik zu beeinflussen. Dies ist für einen zukünftigen britischen König ein absolutes „No Go“. Dem Monarchen ist jegliche politische Meinungsäußerung untersagt, eine Kunst, die seine Mutter, die amtierende Königin, perfektioniert hat.
Beschäftigten sich zahlreiche Briefe u. a. mit ökologischem Landbau oder nachhaltiger Fischerei, so gab es auch Briefe an Premierminister Blair und den damaligen Gesundheitsminister John Reid. Bei Minister Reid intervenierte der Prinz anscheinend gegen eine kritische EU-Richtlinie zu Naturheilverfahren und alternativen Behandlungsmethoden, hatte damit aber kein Glück, wurde diese Richtlinie doch durch das britische Gesundheitsministerium befürwortet.
Die Tageszeitung „The Guardian“ kämpfte zehn Jahre darum, diese Briefe veröffentlichen zu können. Sowohl der Generalstaatsanwalt Dominic Grieve, als auch Premierminister David Cameron wollten eine Veröffentlichung verhindern. Der Spiegel schreibt am 12. März 2014 dazu: „Generalstaatsanwalt Grieve hatte argumentiert, die Briefe seien außergewöhnlich offen formuliert und würden nur zutiefst persönliche Ansichten des Prinzen wiedergeben. Es könne durch sie der Eindruck entstehen, dass Charles mit der Politik der letzten Labour-Regierung nicht einverstanden gewesen sei. Die Gefahr sei, dass das britische Volk durch Kenntnis der Briefe Prinz Charles nicht mehr als politisch neutral wahrnehmen würde, was er als zukünftiger König zu sein habe. Dadurch würde die Monarchie untergraben.“
Das oberste britische Gericht sah dies anders und entschied zu Gunsten der Presse, die die Briefe dann auch unter dem Namen „Black Spider Memos“ abdruckten. Der Name kommt von der handschriftlichen Anrede und Grußformel, die an Spinnenbeine erinnert.
Unumstritten ist Prinz Charles mit seinen Äußerungen allerdings nicht. Bereits im Jahr 2006, als er seine angeführte Rede vor der WHO hielt, wandten sich 13 renommierte britische Ärzte und Wissenschaftler an die 476 regionalen Treuhänderschaften des National Health Service (NHS), den staatlichen Gesundheitsdienst. Darunter Michael Bau, emeritierter Professor für Chirurgie am University College London, der Nobelpreisträger James Black vom Kings College London, der Präsident der Academy of Medical Sciences Keith Peters und Edzard Ernst, erster Lehrstuhlinhaber für Komplementärmedizin in Großbritannien an der University of Exeter.
Die Bemühungen von Prinz Charles waren bisher übrigens nicht von Erfolg gekrönt, beschloss das House of Commons doch 2010, dass der NHS die Homöopathie nicht mehr fördern darf und homöopathische Mittel nicht mehr als wirksam beworben werden dürfen. Infolgedessen hat der National Health Service die Einstellung jeder Erstattung homöopathischer Therapien und Medikamente empfohlen, sämliche Regionalorganisationen des NHS sind dem gefolgt. Die Registrierungsbehörde für Arzneimittel hat begonnen, Homöopathika auszulisten.
Nachzutragen ist, dass sich die königliche Familie durchaus der „Schulmedizin“ bedient, wenn es sich um ernsthafte Erkrankungen handelt. Dies zeigte sich in den zahlreichen Krankenhausaufenthalten des Prinzgemahls Philip, die in regulären Hospitälern stattfanden.
Mehr über Prince Charles und die Homöopathie erfahren Sie auch hier auf dem Blog von Prof. em. Edzard Ernst (in englischer Sprache).
Autor: Michael Scholz für das INH
Bilder: via Adva News / Daily Mail online