“Es gibt keinen wissenschaftlichen Nachweis dafür, dass die Homöopathie wirkt”
Diese zentrale Aussage der Homöopathiekritiker wird immer wieder von der Seite der Homöopathielobby entschieden bestritten. Diese bedient sich dabei oft am Inhalt von dreizehn Beiträgen, die das britische Homeopathy Research Institute (HRI) auf seiner Webseite publiziert hat. Die Deutsche Homöopathie Union (DHU) greift auf diese Inhalte in einer gelegentlich von ihr verwendeten (nicht veröffentlichten) Schrift mit dem Titel “Die endlose Homöopathie-Debatte: Gute Antworten auf kritische Fragen” zurück. In einer kleinen Artikelserie soll hier aus homöopathiekritischer Sicht auf diese Argumentationen eingegangen werden. Mit dem vorliegenden Beitrag geht es zu Beginn um den grundsätzlichen Aspekt der Sicht auf „wissenschaftliche Nachweise zur Wirksamkeit“, die den Dissens zwischen Homöopathielobby und Homöopathiekritik im Kern ausmachen.
Warum reichen keine „persönlichen Erfahrungen“ als Wirkungsnachweis?
Wir brauchen wissenschaftliche Wirkungsnachweise, weil wir längst (im Grunde schon seit Aristoteles) wissen, dass Einzelerfahrungen, auch beliebig viele, niemals einen Beleg für die Wirksamkeit einer Methode oder eines Mittels erbringen können. Man nennt dies seit David Hume und Immanuel Kant das „Induktionsproblem“, das sich daraus ergibt, dass es keine Gewissheit geben kann, dass nicht schon der nächste Einzelfall ein völlig widersprechendes Ergebnis zutage fördert. Rein praktisch kommt dazu, dass die Betrachtung und Beurteilung von Einzelfällen, vor allem durch Betroffene (Therapeut und Patient) in höchstem Maße verzerrenden Einflüssen unterliegt. Das ist leicht daran zu erkennen, dass wohl kaum alle Einzelfallberichte bei ähnlichen Ausgangssituationen übereinstimmen werden und vor allem daran, dass es ähnliche oder gleiche „Erfahrungen“ von Menschen gibt, die gar keine oder eine völlig andere Behandlung erfahren haben. Es werden ja Tag für Tag auch Menschen (ebenso Tiere oder Pflanzen) gesund, erholen sich durchaus auch von lebensbedrohlichen Krankheiten, ohne dass es eines äußeren Eingriffs bedarf.
Was brauchen wir stattdessen?
Wir brauchen Betrachtungen mit ausreichend großen Patienten-Vergleichsgruppen, durch die verzerrende Einflüsse weitgehend ausgeschlossen werden können und die uns Aufschluss darüber geben, wie ein Mittel / eine Methode im Vergleich zur bisherigen Standardtherapie oder gegenüber Placebo wirkt.
Die untersuchte Methode / das Mittel muss bei solchen wissenschaftlichen Überprüfungen ihre / seine Überlegenheit gegenüber dem bisherigen Standard oder einem Placebo beweisen und dies muss in folgenden Untersuchungen auch reproduzierbar sein. Nur auf der Basis solcher Ergebnisse kann ein Arzt / Therapeut entscheiden, welche Therapie er mit ausreichender Aussicht auf Erfolg einsetzen kann. Alles andere – nur auf der Basis persönlicher Erfahrungen – ist nur eine nie zu Ende kommende Kette von Versuch und Irrtum – am Patienten und im Zweifel auf dessen Kosten.
Es ist große Selbstkritik bei der Beantwortung der Frage angebracht, ob eine therapeutische Intervention wirklich ursächlich zur Besserung / Heilung geführt hat. Die Selbsttäuschungsmechanismen dabei sind sehr stark: In vorwissenschaftlicher Zeit galten auch aus heutiger Sicht abstruse Mittel als wirksam, etwa der Staub von Kirchenglocken, zerstoßene Bildchen von Heiligen oder Fett und Knochen von hingerichteten Straftätern. Sicher waren nicht alle Leute, die solche Mittel anwandten, Scharlatane wider besseren Wissens – sie waren aber nur deshalb überzeugt, tatsächlich mit ihren Mitteln heilen zu können, weil sie einfach „sahen“, dass Patienten nach ihrer Behandlung gesund wurden und andere Zusammenhänge gar nicht in Betracht zogen. Was aber soll uns ein „Erfahrungsschatz“ sagen können, der auf einer solchen Grundlage gesammelt wurde?
Medizin wurde dadurch besser und erfolgreicher, dass man unwirksame Therapien erkannt und ausgesondert hat – das geschah aber anders als durch die Sammlung von Einzelfallerfahrungen. Ärzte verfügen heute über eine Vielzahl wirksamer Methoden, für die verlässliche Informationen zu Einsatzgebieten und Erfolgswahrscheinlichkeiten bereitstehen. Auf sinnvolle und belastbare Wirksamkeitsnachweise zu verzichten und auf einzelne Erfahrungen zu vertrauen, würde einen Rückschritt in die vorwissenschaftliche Zeit bedeuten, als es mehr oder weniger auf den Zufall ankam, ob der Arzt die richtige Arznei verordnete.
Wie funktioniert ein wissenschaftlicher Nachweis mit Studien?
- “Verblindete“ Studien
Die Untersuchung wird an einer größeren Zahl von Patienten durchgeführt, damit das Ergebnis nicht durch individuelle Eigenschaften oder Einstellungen einzelner Patienten verfälscht wird. Diese Versuchspersonen werden nach einem Zufallsprinzip in zwei Gruppen aufgeteilt, deren eine das zu testende Mittel einnimmt (“Verumgruppe”), die andere stattdessen ein Placebo ohne Wirkstoff oder den bislang etablierten Behandlungsstandard (“Kontrollgruppe”). Wichtig ist, dass weder die Patienten noch die behandelnden Ärzte noch das Betreuungspersonal wissen, wer zu welcher Gruppe gehört. Manchmal geht die Verblindung so weit, dass selbst die Auswerter keinen Einblick in die Identität der Gruppenmitglieder haben. Äußere Einflüsse, ganz besonders „menschliche“ Einflussgrößen, werden dadurch so weit wie möglich ausgeschlossen. Der Aufwand bei wissenschaftlichen Untersuchungen wird genau deshalb betrieben, weil vermieden werden muss, dass andere Einflüsse außer der Mittelgabe selbst noch auf die Ergebnisse einwirken (können). Dieses Studiendesign der placebokontrollierten doppelt verblindeten randomisierten Vergleichsstudie ist (entgegen häufiger Einwände von homöopathischer Seite) durchaus auch für den individualisierten Therapieansatz der Homöopathie möglich und es gibt auch eine ganze Reihe solcher Studien (und auch systematische Reviews davon): Alle Versuchspersonen durchlaufen die Erstanamnese und ihnen wird ein Mittel verordnet, in der Apotheke wird nach dem Zufallsprinzip entweder das verordnete Mittel oder ein Placebo an den Patienten abgegeben.
- Die „Zufallsergebnisse“
Dabei ist zu bedenken, dass sich in jeder Gruppe immer auch Veränderungen (Verbesserungen) ergeben werden, die nicht auf die Mittelgabe ursächlich zurückgehen. Das wissen wir schon deshalb, weil auch die völlig unbehandelte Kontrollgruppe mit gleicher Ausgangslage über einen gleichen Zeitraum eine gewisse Anzahl an „Verbesserungen“ aufweisen wird, die dort ja mit Sicherheit nicht durch das getestete Mittel verursacht sind. Dies kann durch die Selbstheilungskräfte des Organismus zustande kommen, durch natürliche (selbstlimitierende) Krankheitsverläufe oder auch den oft zitierten Placeboeffekt (der nur einer der Seiteneffekte einer Behandlung ist). Gäbe es beispielsweise keine Fähigkeit zur Selbstheilung des Organismus (bis zu einer gewissen Schwelle), wären wir als Art schon lange ausgestorben. Man steht also vor dem Problem, dass sich in jeder Gruppe messbare Ergebnisse zeigen, die nicht dem geprüften Mittel zugerechnet werden dürfen.
Solche „immer auftretenden“ Effekte -der „Zufall“- müssen durch die Anwendung statistischer Verfahren bei der Auswertung „herausgerechnet“ werden. Nur was über die Zufallserwartung hinausgeht, kann von Bedeutung sein. Es besteht international Übereinkunft darüber, dass diese „Zufallsschranke“ bei einer Wahrscheinlichkeit von 5 % angesetzt wird: Ergebnisse die mit einer Wahrscheinlichkeit von unter 5 % auftreten würden, wenn sich die Gruppen nicht unterschieden hätten, könnten als Nachweis gelten – wenn sie unabhängig wiederholt wurden. Eine einzelne Studie kann aber für sich alleine kein belastbarer Nachweis sein, denn man muss davon ausgehen, dass selbst bei einem Test unwirksamer Mittel sich in einer von zwanzig Studien (5%) ein positives Ergebnis zeigen wird.
- Was ist das „Ergebnis einer Studie“?
Es leuchtet ein, dass damit eine verblindete medizinische Studie die Frage „Wirkt das Mittel?“ nicht mit einem festen Ergebnis im Sinne von „Ja“ oder „Nein“ beantworten kann. Eine erfolgreich durchgeführte Studie ermöglicht „nur“ eine Wahrscheinlichkeitsaussage darüber, ob das Mittel wirksam war. Der Grad der Wahrscheinlichkeit ist für die Bewertung des Ergebnisses ausschlaggebend. Grundsätzlich verbleibt zwar das Risiko, dass man ein Ergebnis erhält, das wie ein erfolgreicher Test aussieht, das aber dennoch nur ein Zufallsprodukt ist. Dies aber entspricht dem heutigen Wissenschaftsverständnis, das nicht vom Erreichen einer „absoluten Wahrheit“ ausgeht, sondern von einer möglichst großen Annäherung an diese durch den Ausschluss von Fehlern und Irrtümern. Es stellt sich deshalb im Weiteren die Frage, wie man das Ergebnis einer Einzelstudie (wie sie oft von Homöopathen als “Nachweis” angeführt wird) bewerten muss und wie man ihre Aussagekraft verbessern kann.
- Von der Einzelstudie zum systematischen Review
Eine Einzelstudie gilt in der wissenschaftlichen Welt für sich allein als sehr wenig aussagefähig. Daher muss sie – vorzugsweise mehrfach – unabhängig von anderen Forscherteams an anderen Patientengruppen wiederholt werden. Dabei werden sich durchaus Unterschiede in den Ergebnissen zeigen, die bewertet werden müssen. Dies geschieht in systematischen Reviews, in denen alle veröffentlichten Arbeiten zu einem bestimmten Krankheitsbild betrachtet werden und ein Gesamtergebnis ermittelt wird. Wichtig ist, dass alle vorliegenden Ergebnisse in die Betrachtung einfließen, nicht nur die positiven. Erst ein solches Review wäre dann bei einer angemessenen Datenbasis ein belastbarer Nachweis. Einzelstudien können einen Hinweis auf eine mögliche Wirksamkeit liefern, aber mehr nicht. Eine belastbare Annäherung an die „Wirklichkeit“ ergibt sich erst durch die Zusammenführung mehrerer personell, organisatorisch und auch wirtschaftlich voneinander unabhängiger Studien zum gleichen Thema.
Aus Reviews oder gar Einzelstudien kann außerdem immer nur auf die Wirksamkeit der Homöopathie bei dem betrachteten Krankheitsbild geschlossen werden. Ein Schluss auf die Homöopathie als ganzes Therapiegebilde ist auf keinen Fall möglich.
Noch einmal ganz konkret: Warum sind Fallstudien und Einzelberichte keine Nachweise für eine Wirkung?
Es gibt aus verschiedenen, durchaus nicht immer erklärbaren Gründen immer Menschen, die auch ohne die Wirkung einer Therapie gesund werden und auch schwerste Infektionskrankheiten oder sogar Krebs überleben und sogar ausheilen. Es mögen nur wenige sein, aber es gibt sie. Demzufolge wird es auch immer Patienten geben, die darüber berichten können, dass sie (vermeintlich) aufgrund dieser oder jener Therapie überlebt haben oder geheilt wurden, auch wenn diese gar nichts zum Verlauf des Genesungsprozesses beigetragen hat. Andererseits wird es auch immer Menschen geben, die auf bei anderen sehr wirksame Therapien nicht ansprechen und trotz einer ansonsten wirksamen Behandlung an ihrer Krankheit sterben.
Ein Beispiel einer 2017 veröffentlichten Studie [1] zur alternativmedizinischen Behandlung von Krebs soll dies verdeutlichen. Das Ergebnis sieben Jahre nach der Diagnose und nach alternativer bzw. konventioneller Behandlung sah so aus:
Ergebnis nach sieben Jahren | Alternativmedizin | Konventionell |
überlebt | 144 | 208 |
gestorben | 136 | 72 |
Aus den 144 Patienten, die unter der alternativen Therapie sieben Jahre überlebt hatten, kann (und wird) man sicher eine ganze Reihe von Fallstudien über „Erfolge der Alternativmedizin“ ableiten. Zusätzlich wird man darauf verweisen können, dass es unter der konventionellen Therapie Todesfälle gibt. Positive Fälle unter konventioneller Therapie werden vielleicht auch ihren Weg in Fallstudien finden – was aber mit Sicherheit bei diesem Vorgehen, der Einzelfallbetrachtung, verloren geht, ist die eigentlich entscheidende Information: Die Tatsache, dass unter den konventionell behandelten Patienten wesentlich mehr überlebt haben. Dass diese negativen Ergebnisse in der alternativen Gruppe die aus der konventionellen Gruppe wesentlich übersteigen, geht in Fallstudien völlig verloren. Schließlich liegen die zuviel gestorbenen auf den Friedhöfen und verkünden ihren Misserfolg nicht in Talkshows, Büchern oder Interviews – und nicht in Fallstudien.
Schließlich ist auch kaum damit zu rechnen, dass Therapeuten ihre Misserfolge in Fallstudien veröffentlichen und diese werbemäßig genauso stark verbreitet werden wie die positiven Ergebnisse: Ein ganz wesentlicher Punkt, die Wirksamkeit einer Therapie zu beurteilen, fehlt mithin. Das wäre so ähnlich, als würde man beim Fußball nur die Tore zählen, die die eigene Mannschaft geschossen hat – und darüber vergessen, dass sie vielleicht wesentlich mehr Gegentreffer hinnehmen musste.
Konsequenz: Fallstudien, auch in großer Anzahl, bedeuten nur, dass es eine unbekannte Zahl von Fällen gibt, die unter der Alternativbehandlung genesen sind – und sonst nichts. Dass es diese gibt, ist sicher nicht zu bestreiten, sagt aber nichts darüber aus, ob es nicht viel mehr Patienten gibt, die eben nicht von alternativen Therapien profitiert haben oder von anderen Maßnahmen mehr profitiert hätten.
Welche Ergebnisse zur Homöopathie liegen vor?
Das HRI führt aus, dass es zum Ende 2014 189 randomisierte Vergleichsstudien gegeben hätte, davon 104 Placebo-Vergleichsstudien. Von diesen seien bei 43 positive Ergebnisse aufgetreten, 5 seien negativ gewesen und bei 56 sei ein unklares Ergebnis aufgetreten.
Das ist nun alles andere als die Bewertung von Studienergebnissen nach ihrer Wahrscheinlichkeitsaussage. Offenbar halten die Autoren dieses Berichtes die Tatsache, dass man die Wirksamkeit eines homöopathischen Mittels nicht zuverlässig von dem eines Placebos unterscheiden kann (“unklares Ergebnis”), keineswegs für ein negatives Ergebnis, sondern für eine Art „Unentschieden“. Würden Patienten, die ihr Geld für ein Mittel ausgeben und dabei auf eine Verbesserung ihres Befindens hoffen, das genauso sehen? Eine Studie mit dem Ziel, einen Beleg für die Wirksamkeit der Homöopathie zu finden (die „Ausgangshypothese“), muss doch wohl als gescheitert angesehen werden, wenn sie keine Überlegenheit über ein Stück Zucker nachweisen kann.
Insofern ist es keinesfalls so, dass die „Mehrheit“ der Studien ein positives Ergebnis erbracht hat.
Auch der Anteil von gut 40 % erfolgreichen Studien sieht nur zunächst beeindruckend aus, führt aber in die Irre.
Zunächst ist wegen der immer zu berücksichtigenden Zufallsstreuung von 5 % immer damit zu rechnen, dass es einige „falsch positive“ Studien gibt, deren Ergebnisse keineswegs auf eine Wirkung des untersuchten Mittels zurückzuführen sind.
Dann gibt es den sogenannten Schubladeneffekt, auch Publication bias genannt: Es ist nun einmal so, dass positive Ergebnisse leicht und gerne veröffentlicht werden, negative dagegen eher dazu neigen, für immer in der Schublade bleiben. Dazu kommen dann oft noch Schwächen im Studiendesign und/oder in der Studiendurchführung, etwa in der Verblindung der Versuchspersonen oder den angewandten Verfahren zur Auswertung, die dazu führen können, dass die Ergebnisse in eine positive Richtung verfälscht werden. Alles dies treibt den Anteil der positiven Studien am gesamten Bestand nach oben.
Selbst angenommen, eine einzelne Studie weise bei erstem kritischem Blick ein belastbar positives Ergebnis auf: Man kann einen Nachweis einer Wirksamkeit der Homöopathie in irgendeiner Indikation nur dann anerkennen, wenn -wie oben ausgeführt- Studien unabhängig wiederholt und in systematischen Übersichtsarbeiten zusammenfassend betrachtet worden sind. Und zwar nicht unter Beschränkung auf die „positiven“, sondern unter Einbeziehung aller vorliegenden Ergebnisse.
Solche Reviews gibt es in der Tat, auch von Vertretern der Homöopathie. Angefangen mit einer Arbeit von Kleijnen et al. [2] aus dem Jahre 1991 bis zuletzt von Mathie et al. in 2019 [3] gibt es zwölf größere solcher Übersichtsarbeiten, die die Homöopathie indikationsübergreifend betrachten, und die alle zu recht ähnlichen Ergebnissen kommen: Die einzelne Studienlage mag gelegentlich darauf hindeuten, dass es kleine Effekte geben könnte, die über Placebo hinausgehen, jedoch ist nach dem Bekunden der Autoren der Reviews die Qualität der vorliegenden Studien so niedrig, dass hieraus keine belastbaren Schlussfolgerungen gezogen werden können. Weder für die Homöopathie generell noch für irgendeine Indikation. Auch die größte bislang veröffentlichte Arbeit, die des australischen Gesundheitsministeriums von 2015, kommt zu diesem Schluss , ebenso wie die jüngste Arbeit von Mathie (2019) vom Homeopathy Research Institute.
Schlussfolgerung:
Es gibt tatsächlich keine wissenschaftlichen Nachweise dafür, dass Homöopathie wirkt.
Was Homöopathen dazu sagen
Das HRI führt ergänzend ins Feld, dass die Quote von 43 % an positiven Studien die gleiche sei, wie sie in Studien zur konventionellen Medizin auftrete. Ja und? Was soll solch ein Vergleich aussagen? Wenn ich meine literarischen Fähigkeiten mit denen von Thomas Mann vergleichen will, ist es sicher nicht hilfreich festzustellen, ob ich prozentual genauso viele Schriften verwerfe wie er. Wichtig wäre der Vergleich dessen, was übrig bleibt – nach Qualität selbstverständlich, nicht nach Quantität.
Ein solcher Ansatz nach dem Motto „Wer hat gewonnen?“ ist absurd. Zudem sind homöopathische Studien Bestätigungsforschung, also die Suche nach einem positiven Ergebnis, was an sich einen höheren Bestätigungsfehler im Vergleich zu wirklich ergebnisoffener Forschung erwarten lässt – und damit eigentlich eine viel bessere Positivlage für die Homöopathie ergeben müsste, insbesondere, wenn man auch in Betracht zieht, mit welch hohem Anspruch die Homöopathie hinsichtlich einer der konventionellen Medizin zumindest gleichwertigen Wirksamkeit vertreten wird. Demgemäß wäre von den Homöopathen viel eher zur Zahl der „negativen“ Ergebnisse ihrer Forschung Stellung zu nehmen, die ja in Anbetracht der geschilderten Bedingungen als außergewöhnlich hoch angesehen werden muss.
Als weiterer Aspekt wird der Mangel an öffentlicher Finanzierung von Forschung zur Homöopathie aufgeworfen. Hierzu ist anzumerken:
Die DHU gehört mit dem größten Hersteller von Homöopathika in Österreich zur Firmengruppe Dr. Willmar Schwabe. Nach den Angaben auf der Webseite macht Schwabe einen Umsatz von 900 Millionen Euro und gibt davon ganze 32 Millionen für Forschung aus. Branchentypisch wären etwa 14 %, also rund 125 Millionen Euro. Da wäre noch sehr viel Luft für entsprechende Forschungsförderung (Quellen: https://www.vfa.de/embed/statistics-2015.pdf, S. 12, https://www.schwabepharma.com/about-us/facts-figures/).
Es kann hier offenbleiben, ob in Anbetracht der bislang niemals nachgewiesenen Evidenz und der fehlenden Plausibilität der homöopathischen Methode der Einsatz öffentlicher Forschungsmittel hierfür überhaupt vertretbar ist.
Eine ausführlichere Version dieses Beitrages finden Sie auf dem Blog “Beweisaufnahme in Sachen Homöopathie” von Dr. Norbert Aust, eine zusammenfassende Version auf der INH-Webseite “Susannchen braucht keine Globuli“.
Quellen / Referenzen:
- Johnson SB, Park HS, Gross CP, Yu JB: “Use on Alternative Medicine for Cancer and its Impact on Survival“; JNCI J Natl Cancer Inst (2018) 110(1): djx145, doi: 10.1093/jnci/djx145 [https://academic.oup.com/jnci/article/doi/10.1093/jnci/djx145/4064136]
- Kleijnen J, Knipschild P, ter Riet G: “Clinical trials of homeopathy“, BMJ 1991; 302:316-23, [https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC1668980/pdf/bmj00112-0022.pdf]
- Mathie RT et al.: Systematic Review and Meta-Analysis of Randomised, Other-than-Placebo Controlled, Trials of Non-Individualised Homeopathic Treatment. Homeopathy 2019 Jan 30. doi: 10.1055/s-0038-167748 [https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/30699444]
- National Health and Medical Research Council. 2015. “NHMRC Statement on Homeopathy“, Canberra: NHMRC 2015 [https://www.nhmrc.gov.au/_files_nhmrc/publications/attachments/cam02_nhmrc_statement_homeopathy.pdf]
Edit, Mai 2019: Ergänzt um die neueste Studienlage (Mathie 2019)
Bildnachweis: Fotolia_130625327_XS
Eine Antwort auf „Die Kritik an der Homöopathiekritik – Teil I: Wissenschaftliche Nachweise“
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