Das INH an EU-Abgeordnete zur Homöopathie in der EU-Arzneimittelrichtlinie

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Die spanische Regierung greift inzwischen weit aus bei ihrer Haltung zur Pseudomedizin. Sie will z.B. die Arzneimitteleigenschaft der Homöopathie nicht mehr hinnehmen, will Homöopathika aus den Apotheken verbannen und hat die erste Charge an Homöopathika, die nach Aufforderung keinen validen Wirkungsnachweis vorlegen konnten, auch schon „ausgelistet“. England ist derzeit bei einem kompletten „Blacklisting“, also einem Vorgang, der ein Ende jeglicher Registrierung für Homöopathika bei einer Arzneimittelbehörde bedeutet.

So weit zu gehen, tangiert das EU-Recht. Die EU-Arzneimittelrichtlinie regelt zwar nicht im Detail, wie genau die Mitgliedsstaaten mit der Homöopathie im Gesundheitswesen umgehen. Sie fixiert aber gleichwohl zwei Kernpunkte: Sie nimmt Homöopathika in ihren Arzneimittelbegriff auf und sie verpflichtet die Staaten, für Homöopathika ein vereinfachtes Registrierungsverfahren statt der üblichen Arzneimittelzulassung zu regeln. Das ist mit dem deutschen „Binnenkonsens“ sozusagen übererfüllt (er ist um etliches älter als die EU-Arzneimittelrichtlinie, die auf dem gleichen Lobbyeinfluss beruht), will man aber ernstlich den Homöopathika den Arzneimittelstatus bestreiten (und damit auch seine Privilegien), kommt man am EU-Recht nicht völlig vorbei.

Spanien weiß das. Auf verschiedenen Ebenen (auch auf der der Regierung) gibt es dort Bemühungen, bei der EU eine Revision der Arzneimittelrichtlinie in Sachen Homöopathie zu erreichen. Diese Bemühungen bedürfen der Unterstützung. Das INH hat deshalb an deutsche EU-Abgeordnete das nachstehende Schreiben gerichtet, das zunächst grundlegend über den Sachverhalt informieren und die Position Spaniens bei der zu erwartenden Diskussion unterstützen soll. Dies scheint umso notwendiger, als die europäischen  Homöopathiehersteller und -verbände seit langem direkt in Brüssel eine offenbar recht gut materiell und personell ausgestattete Lobbyorganisation unterhalten, deren Aufgabe die direkte Einflussnahme „vor Ort“ ist. Über solche Mittel verfügen wir zwar nicht – aber über die Fakten. Und wer weiß – vielleicht schließt sich die eine oder andere nationale Regierung ja sogar Spanien an und wird bei der EU aktiv?

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Herrn Frau …
MdEP

via E-Mail                                                                                                    7. August 2019

Homöopathie in der EU-Arzneimittelrichtlinie

Sehr geehrte/r … !

Die Europäische Arzneimittelrichtlinie (Richtlinie 2001/83/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 6. November 2001, Amtsblatt der Gemeinschaft L 311, 28. 11.2001) stuft Homöopathika als Arzneimittel ein und fordert von den nationalen Regierungen ein vereinfachtes Registrierungsverfahren außerhalb der ansonsten vorgeschriebenen Arzneimittelzulassung.

Der Konsens der weltweiten Wissenschaftsgemeinschaft stuft die Homöopathie jedoch längst als spezifisch wirkungslose Scheintherapie ein, deren Verbreitung und „Beliebtheit“ völlig andere Grundlagen haben als die einer medizinischen Relevanz (Evidenz). In vielen Staaten setzt sich diese Erkenntnis inzwischen durch. Konsequenzen daraus liegen im wohlverstandenen Interesse der Gesundheit der Bevölkerung, die nicht weiter im Irrtum darüber belassen werden sollte, die Homöopathie sei eine vom Gesetzgeber ausdrücklich anerkannte, mithin mit dem Kredit der Wirksamkeit und Unbedenklichkeit ausgestattete Therapieform.

Das Königreich Spanien wirbt diesbezüglich bereits für eine Änderung des europäischen Arzneimittelrechts, das homöopathischen Präparaten nicht nur per Definition die Arzneimitteleigenschaft zubilligt, sondern ihr noch zusätzlich das Registrierungsprivileg zugesteht. (siehe auch unter http://www.europarl.europa.eu/doceo/document/E-8-2018-004948-ASW_EN.html). Dieser besondere Rechtsrahmen hat keine sachliche Rechtfertigung, wie auch der EASAC – als die EU-Organe beratende Institution – in seinem Statement vom 20.09.2017 (https://easac.eu/publications/details/homeopathic-products-and-practices/) eindeutig festgestellt hat.

Wir bitten Sie, auch im Namen des Deutschen Konsumentenbundes e.V sowie seiner Regionalverbände Nord und Süd, im Interesse einer wissenschaftsbasierten, ehrlichen und patientenorientierten Gesundheitspolitik um Ihre Unterstützung für eine Revision der Arzneimittelrichtlinie im beschriebenen Sinne, um damit gemeinschaftsrechtlich die Bahn für angemessene nationalstaatliche Regelungen freizumachen.
Über den wissenschaftlichen Stand zur Homöopathie können Sie sich u.a. auf der (mehrsprachigen) Webseite unserer Vereinigung informieren: www.netzwerk-homoeopathie.info .

Mit freundlichen Grüßen

Für das Informationsnetzwerk Homöopathie

Dr. Natalie Grams   –   Dr. Ing. Norbert Aust   –   Dr. Christian Lübbers


 

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