Keine Nebenwirkungen vs. Arzneimittelprüfung – ein Widerspruch par excellence

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Zusammenfassung

Homöopathie kann nicht wirken, denn ihr "Grundgesetz" des Ähnlichkeitsprinzips existiert nicht. Wir erklären auch, warum das gut so ist.

Homeopathy can't work, because its "law of similarity" doesn't exist. We also explain why this is a good thing.

Das Bild zeigt einen leeren Wegweise ohne Aufschrift als Metapher für die Unvereinbarkeit von Arzneimittelprüfung und Nebenwirkungsfreiheit
Und nun…?

Ein weiterer Punkt, in dem sich die Homöopathie widerspricht: Entweder können Homöopathika keine Nebenwirkungen haben, oder die homöopathische Arzneimittelprüfung kann nicht funktionieren. Und mehr noch: wäre das nicht so, würde sich die Homöopathie als hochgefährliche Methode entpuppen, deren Anwendung gar nicht zu verantworten wäre.

Wenn Sie einen Homöopathen fragen, woher man weiß, welches Mittel wann einzusetzen ist, dann nennt er bestimmt das Ähnlichkeitsgesetz, einen der wesentlichen Grundpfeiler der gesamten homöopathischen Lehre.

„Ein Mittel heilt bei einem Kranken die Symptome, die es bei einem Gesunden hervorrufen kann“. Das ist das Ähnlichkeitsgesetz in der Form, wie es die Homöopathen gerne zitieren. Sie können es aber auch umdrehen, dann steht da: „Ein Mittel ruft in einem Gesunden die Symptome hervor, die es bei einem Kranken heilen kann“. So herum klingt das doch schon bedrohlicher, finden Sie nicht?

Um festzustellen, bei welchen Problemen ein Mittel hilft, machen die Homöopathen genau das. Nämlich eine homöopathische Arzneimittelprüfung, in der gesunde Menschen die Mittel einnehmen und dann aufschreiben, welche Symptome sie erleiden. Diese werden dann gesammelt und sind die Grundlage für die Auswahl der passenden Mittel. Wenn Ihr Homöopath feststellt, dass Ihre Beschwerden den Symptomen gleichen, die das Mittel bei Gesunden hervorgerufen hat, dann bekommen Sie das verordnet.

Bei dieser homöopathischen Arzneimittelprüfung wird nicht etwa besonders viel des Mittels eingenommen oder eine hohe Konzentration, nein, gerade so, wie die Mittel sind, so, wie der Homöopath sie seinen kranken Patienten verordnet. Zum Beispiel in Potenz C30, Hahnemanns Empfehlung aus späteren Jahren, mehrmals am Tag ein paar Kügelchen und das vielleicht fünf Tage lang. Halten wir fest: Homöopathische Mittel müssen bei Gesunden spätestens nach fünf Tagen Krankheitssymptome verursachen, sonst handelt es sich nicht um ein wirksames Mittel. Zumindest weiß man nicht, wogegen sie wirken.

Schauen wir doch mal, welche Mittel eine Hausapotheke, besonders abgestimmt auf junge Familien und kleine Kinder, beinhalten soll. Wir nehmen dazu eine x-beliebige Webseite aus dem Internet. Da werden neun Salben und Tropfen für die verschiedensten Anwendungsfälle empfohlen, sowie 24 verschiedene Globuli, die kleinen Zuckerkügelchen. Darin sind beispielsweise zu finden:

  • Arnica montana bei kleinen Verletzungen, Muskelkater, blaue Flecke
  • Hepar sulfuris bei eitrigen Hautentzündungen und Erkältungskrankheiten
  • Belladonna bei Sonnenbrand, Halsweh, Mittelohrentzündung, Infektionen
  • Pulsatilla bei Reizblase, Brechdurchfall, Mittelohrentzündung

So, jetzt stellen wir uns vor, dass Ihr Kind irgendetwas hat. Sie halten es für eine Infektion und geben Belladonna, sicher ist sicher. Was ist, wenn es doch keine Infektion war? Wenn Belladonna gegen Infektionen hilft, dann muss es Symptome von Infektionen hervorrufen können. Also kann Ihr Kind genau das kriegen, was Sie meinen zu behandeln, wenn Sie sich dabei irren.

Dabei ist das noch nicht alles. Diese Mittel wirken – so sagen es die Homöopathen – auch noch bei ganz anderen Krankheiten. Können diese also hervorrufen, wenn man sie nicht hat.

Schauen wir doch mal, wogegen die Mittel helfen, also was die Mittel bei Gesunden schon mindestens einmal ausgelöst haben müssen. Zumindest einen Teil der Symptome, die mit diesen Beschwerden einhergehen.

  • Arnika montana: Arterioslerose, Blutungen, Herzschwäche, Muskelkrämpfe, Ischias
  • Hepar sulfuris: Bronchitis, Kehlkopfentzündung, Ödeme, Nierenbeckenentzündung
  • Belladonna: Gallenkolik, Krämpfe, Nierenentzündung, Zahnungsschmerzen
  • Pusatilla: Depressionen, Krampfadern, Magenschleimhautentzündung, Rheuma

Das sind nur einige Beispiele. Die Mittel können angeblich noch viel mehr, müssen das folglich bei einer homöopathischen Arzneiprüfung einmal hervorgerufen haben. Ist das eine sanfte Medizin? Kann man es verantworten, seinen Kindern solche Mittel zu geben, die Symptome schwerer Krankheiten hervorrufen können? Was passiert, wenn Sie sich bei der Mittelwahl irren, oder ein paar Kügelchen zu viel oder zu lange geben?

Das wären die Risiken, mit denen man rechnen müsste, wenn es das behauptete Ähnlichkeitsgesetz tatsächlich gäbe. Das ist aber nicht der Fall: Man kann jede Menge der angeblich wirksamsten Homöopathika schlucken, ohne, dass irgendetwas passiert. Die Mittel rufen keine Symptome hervor. Also heilen sie auch nichts, wenn man der Argumentation der Homöopathen folgt.

Was können wir daraus folgern? Es gibt logisch nur zwei Möglichkeiten:

Entweder das Ähnlichkeitsgesetz der Homöopathie gibt es wirklich, dann gehören Homöopathika in den Giftschrank, denn sie können in diesem Fall bei kleinsten Anwendungsfehlern schwere Krankheitssymptome hervorrufen, was man üblicherweise als „Nebenwirkung“ bezeichnet. Ob es überhaupt homöopathische Therapeuten gäbe, die den Umgang mit diesen Mitteln riskieren würden? Oder Berufshaftpflichtversicherungen, die solche Risiken bereit wären abzusichern?

Oder, die wahrscheinlichere Möglichkeit, das Ähnlichkeitsgesetz ist falsch, dann sind Homöopathika harmlos – aber der ganzen homöopathischen Lehre fehlt die Grundlage. Alles, was die Homöopathen zur Wirkung ihrer Mittel sagen, ist dann zwangsläufig falsch.

Egal wie: Nutzen tun die Mittel nur einem – dem Hersteller.


Nachtrag: Die aus unserer Sicht kritischste Nebenwirkung der Homöopathie ist damit noch gar nicht angesprochen: Wer sich im Fall schwerer Krankheiten wie Krebs, Diabetes, Depression, Bluthochdruck ausschließlich auf homöopathische Mittel verlässt, nimmt seinen Tod in Kauf; im Falle weniger gravierender Diagnosen auch eine Verschleppung von Krankheiten, Folgebeschwerden oder längere Krankheitszeiten. Symptome, deren Ursache nicht eindeutig geklärt ist, sollten immer von einem Arzt untersucht und falls nötig medizinisch/medikamentös behandelt werden.


Autor: Dr. Norbert Aust

Bild von Gerd Altmann auf Pixabay

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