Was sind eigentlich Schüßler-Salze?

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Das Bild zeigt die Packungen der Schüßler-Salze 4 (Kalium chloratum), 3 (Ferrum phosphoricum) und 17 (Manganicum sulfuricum)

Sind Schüßler-Salze Homöopathie?

Die sogenannten „Schüßler-Salze“ werden oft mit Homöopathie gleichgesetzt oder verwechselt. Sie gehen jedoch nicht auf Hahnemann, sondern auf den Oldenburger Arzt Wilhelm Heinrich Schüßler (1821 bis 1898) zurück.

Biografisches

Schüßler kann gut und gerne als „schillernde Figur“ der damaligen Zeit bezeichnet werden. Eigentlich von Beruf Sekretär, erteilte er ab 1849 Fremdsprachenunterricht. Obschon er keine Abiturprüfung abgelegt hatte, verschaffte er sich die Möglichkeit, in Paris ein Medizinstudium zu beginnen, welches er in Berlin und Gießen fortsetzte. Auch seine Promotion verlief etwas ungewöhnlich. Da er vorgab, in Kürze als Militärarzt einberufen zu werden, wurde von Seiten der Universität auf eine Dissertation verzichtet und nur ein Prüfungsgespräch durchgeführt (und – man war schließlich in Preußen – die Prüfungsgebühren erhoben).

Erst als Schüßler das medizinische Staatsexamen, das Voraussetzung zur Erteilung der regulären Approbation war, ablegen wollte, wurde das fehlende Abitur zum Problem. Die Verwaltungsbehörde wollte sich doch nicht darauf einlassen und verlangte, dass die Prüfung nachgeholt werden musste. So konnte er erst 1857 die Prüfung zum medizinischen Staatsexamen ablegen. Diese Prüfung verlief für ihn mit durchwachsenem Erfolg, doch er bestand und konnte sich im Januar 1858 in seiner Heimatstadt Oldenburg als Arzt niederlassen. Hierfür benötigte er allerdings eine städtische Konzession, die er nur deshalb erhielt, weil er sich verpflichtete, nur als homöopathischer Arzt tätig zu sein.

Mit der Praxis hatte er einigen Erfolg, der wahrscheinlich auf den Umstand zurückgeht, dass er sehr niedrige Honorare verlangte. In anderen Quellen heißt es, er hätte die benötigten Homöopathika kostenlos abgegeben. Drei Jahre nach seiner Niederlassung trat er (1861) dem „Centralverein homöopathischer Ärzte“ bei.

Schüßlers „Biochemische Heilweise“

In den ersten 15 Jahren seiner Praxistätigkeit entwickelte er eine verkürzte Form der Homöopathie, die er 1873 in der Denkschrift „Eine abgekürzte Therapie gegründet auf Histologie und Cellularpathologie“ vorstellte. Seine Therapieform nannte er die „Biochemische Heilweise“. Grundannahme dieser Therapie ist, dass Krankheiten alleine durch Störungen des Mineralhaushalts in den Körperzellen entstünden und so den gesamten Stoffwechsel stören sollten. Dabei wurden die Salze analog zur Homöopathie in Zehnerpotenzen verdünnt (aber nicht im homöopathischen Sinne rituell „potenziert“), denn nur so könnten die „Ionen“ nach Schüßlers Vorstellungen direkt in das Innere der Zelle eindringen. Ergänzt werden sollte dies durch eine spezielle Diät, welche die Mineralstoffmängel außerhalb der Zelle beseitigen sollte, um so das Gleichgewicht zwischen Zellinnerem und Zelläußerem herzustellen. Schüßler glaubte, dass ein pathogener (krankheitsbedingter) Reiz die einzelnen Zellen so stark stimulieren würde, dass bei der Abwehrreaktion so energieintensiv ausfiele, dass die Zelle ihre Mineralstoffreserven aufbrauchen würde.

Schüßler kürzte die über tausend damals bekannten homöopathischen Mittel auf 12 Funktionsmittel ein. Hierbei sollte es sich (nach Schüßlers Vorstellung) um die Mineralsalze handeln, die übrig bleiben würden, wenn man menschliches Körpergewebe verascht.

Diese Mittel waren:

    • Calcium fluoratum D12 (Calciumfluorid)
    • Calcium phosphoricum D6 (Calciumphosphat)
    • Ferrum phosphoricum D12 (Eisenphosphat)
    • Kalium chloratum D6 (Kaliumchlorit)
    • Kalium phosphoricum D6 (Kaliumphoshat)
    • Kalium sulfuricum D6 (Kaliumsulfat)
    • Magnesium phosphoricum D6 (Magnesiumhydrogenphosphat)
    • Natrium chloratum D6 (Natriumchlorid)
    • Natrium phosphoricum D6 (Natriumphosphat)
    • Natrium sulfuricum D6 (Natriumsulfat)
    • Silicea D12 (Kieselsäure)
    • Calcium sulfuricum D6 (Calciumsulfat)

Wobei Schüßler selbst 1895 das Calciumsulfat wieder aus der Liste strich. An dessen Stelle sollten Natriumphosphat und Silicea verwendet werden.
Zu diesen ursprünglichen, von Schüßler festgelegten 11 bzw. 12 Salzen, kamen Anfang des 20. Jahrhunderts durch Schüßlers Exegeten noch 15 Ergänzungsmittel hinzu und später dann noch sieben „biochemische Mittel“.

Obschon Schüßler seine Salze durch Potenzierung herstellte, grenzte er sich stark von der Homöopathie ab, da er Samuel Hahnemanns Simile-Prinzip für seine „Biochemische Heilweise“ zugunsten von physiologisch-chemischen Vorgängen im Körper ablehnte. Auch verneinte er die von Hahnemann propagierte Wirkungsweise potenzierter Mittel („Wirkungszunahme“ durch rituelle Verschüttelung während des Verdünnungsprozesses). Diese Aussagen waren die Grundlage für einen langen Streit mit anderen Homöopathen, der 1876 den Austritt Schüßlers aus dem „Centralverein homöopathischer Ärzte“ mit sich brachte.

Wilhelm Schüßler gründete seine Diagnosen auf die sogenannte  „Antlitzanalyse“. Er behauptete also, dass man an verschiedenen Zeichen im Gesicht eines Menschen den jeweiligen Mineralstoffmangel erkennen könnte. (Ein Verfahren, das selbstverständlich und bis heute jeder wissenschaftlichen Grundlage entbehrt.)

Diese Antlitzanalyse wurde von Kurt Hickethier, einem alternativmedizinisch interessierten Laien, unter dem Namen „Sonnerschau“ weiterentwickelt und wird durch Heilpraktiker heute noch angewandt.

Die Wirksamkeit der Schüßler-Salze wurde wissenschaftlich nie untersucht geschweige denn belegt. In den medizinischen Datenbanken findet sich dazu nichts. Die Stiftung Warentest kommt in ihrer Publikation „Die andere Medizin“ zu folgendem Ergebnis: Die Biochemie nach Schüßler ist zur Behandlung von Krankheiten nicht geeignet.


Mehr zu Schüßler auch auf unserer Homöopedia: www.homöopedia.eu/index.php/Artikel:Wilhelm_Schüßler


 

Autoren: Dr. Natalie Grams und Michael Scholz


Bild von A_Different_Perspective auf Pixabay

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