Die Homöopathen und die Skeptiker – eine alte neue Story

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In Österreich gibt es die „Ärztegesellschaft für klassische Homöopathie“ (ÄKH), was allgemein bekannt und nicht über das Übliche hinaus bemerkenswert ist. Die ÄKH führt Fortbildungsveranstaltungen durch, derzeit in Form von Webinaren, auch dies ist noch kein Grund für einen irgendwie erhöhten Aufmerksamkeitspegel.

Eine Ankündigung für ein bevorstehendes Webinar lässt jedoch aufhorchen:

Nun ist es nicht neu, dass in dieser oder ähnlicher Weise über „die Skeptikerbewegung“ spekuliert wird. Auch ist der vorgesehene Referent schon mehrfach in diesem Kontext hervorgetreten. Weshalb man sich nicht einfach auf der Seite „Über uns“ auf dieser Webseite kundig macht oder auf den Infoseiten der GWUP – nun gut, das mag daran liegen, dass man „den Skeptikern“ generell misstraut. Unnötigerweise.


Da wir sehr daran interessiert wären, endlich selbst zu erfahren, welche sinistren Kräfte uns fernsteuern und woher wir unsere schier unerschöpfliche finanzielle Ausstattung beziehen, haben einige Skeptiker aus Deutschland wie aus Österreich den Versuch unternommen, sich ordnungsgemäß gegen Zahlung des geforderten Obulus für das Webinar bei der ÄKH anzumelden. Dies jedoch gelang nicht; nachdem die Anmeldungen zunächst angenommen wurden, folgte sehr schnell die Absage und die Rückerstattung der Webinar-Gebühr.

Nun gut, man macht von seinem Hausrecht Gebrauch. Ob es eine Frage guten Stils ist, eine „Fortbildungsveranstaltung“ des Inhalts anzusetzen, dass über eine Gruppe Andersdenkender spekuliert wird und dann eine Teilnahme von Vertretern dieser Gruppe ausschließt, darüber wird man trefflich streiten können. In der Tat reagierten die ÄHK und ihr Vorsitzender auf direkte Ansprache deutlich. Man wünsche keine Skeptiker als Teilnehmer am Webinar.

Inzwischen kommuniziert die ÄKH das auch auf ihrer Webseite unter der Seminar-Ankündigung:

Zur Information: Da die Vergangenheit gezeigt hat, dass von Skeptikern gegenüber der Homöopathie niemals eine Dialogbereitschaft bestand, sondern dass stattdessen Unwahrheiten und Unterstellungen verbreitet wurden, sehen wir uns gezwungen, Skeptiker von diesem Webinar auszuschließen, um einen ungestörten Ablauf des Webinars sicherzustellen.


Wir  stellen fest: Die ÄKH mag nicht mit den Skeptikern diskutieren, weil diese nicht diskussionsbereit seien.  Die bezwingende Logik dieser Aussage ist bemerkenswert. Welche „Unwahrheiten und Unterstellungen“ wir verbreitet haben sollen, wissen wir nicht und es wurde auch nicht näher dargelegt. Und an einer Diskussion war ohnehin nicht gelegen, sondern an einer Information darüber, welche Zerrbilder über die skeptische Szene dort wohl einmal mehr verbreitet würden. Denn es macht doch wohl einen kleinen, aber feinen Unterschied, ob die Skeptiker sich kritisch zur Causa Homöopathie äußern (was möglicherweise subjektiv als „Unwahrheiten“ wahrgenommen wird) oder ob die Homöopathen ein Seminar über Motivation, Hintergründe, Absichten und Finanzen „der Skeptiker“ abhalten.

Ganz abgesehen davon war es stets die homöopathische Seite, die  sich durchweg einem Dialog mit der wissenschaftlich fundierten Homöopathiekritik verweigert hat. Dies hat Dr. Natalie Grams in aller Härte nach dem Erscheinen ihres ersten Buches erfahren müssen, das konkret als Dialogangebot an ihre damaligen KollegInnen konzipiert war. Auch danach hat sich das nicht geändert, es gab gar Veranstaltungen (BerlinerWirtschaftsgespräche 2018), wo Vertreter der Homöopathie die Teilnahme von INH-Mitgliedern an der Podiumsdiskussion ebenso ablehnten wie eine Diskussion mit ihnen. Selbst unmittelbare Dialogangebote aus konkretem Anlass blieben unbeantwortet.  Ausnahmen erfreulicher Art bestätigten nur die Regel. 

Nun gut, wenn die ÄKH es für angemessen hält, eine derartige Groteske aufzuführen, dann kann und will es ihr niemand verwehren. Derzeit ist übrigens noch offen, ob es für die Teilnahme an diesem Webinar möglicherweise Fortbildungspunkte gibt.

Wir wären jedoch keine Skeptiker, wenn uns nicht ehrlich daran gelegen wäre, dass die Mitglieder der ÄKH trotz (oder wegen) der offensichtlichen Voreingenommenheit auf Faktenbasis informiert werden, wenn sie sich denn für die Skeptiker, ihre Motivation´und ihre Hintergründe interessieren. Wir haben deshalb den nachfolgenden Offenen Brief an die ÄKH gerichtet:


Sehr geehrte Damen und Herren,

Ihrer Ankündigung entnehmen wir, dass Sie am Donnerstag, denn 22.10.2020 ein Webinar mit dem Titel „Die Skeptiker und ihre Angriffe auf die Homöopathie“ mit Dr. Jens Behnke als Vortragendem anbieten. Über Ihr Interesse an unserer Vereinigung und an unserer Arbeit freuen wir uns sehr.

Wir zweifeln nicht daran, dass Ihnen an einer vollständigen und objektiven Information zum Thema Ihres Webinars gelegen ist. Insofern scheint uns die Beschränkung auf den von Ihnen vorgesehenen Referenten nur bedingt geeignet.

Wir, die Leitung und die Sprecher des Informationsnetzwerks Homöopathie, bieten Ihnen daher gerne an, Ihnen und Ihren Mitgliedern selbst das Informationsnetzwerk Homöopathie und die GWUP zu präsentieren und Ihnen die Informationen aus erster Hand vorzustellen. Es dürfte im beiderseitigen Interesse sein, dass Sie sich ein zutreffendes und umfassendes Bild über unsere Ziele, unsere Aktivitäten und unsere Motivation machen können und nicht auf Spekulationen und möglicherweise fehlgehende Informationen angewiesen sein müssen.

Wir verstehen diese Offerte als Offenen Brief, den wir auch auf unserer Webseite veröffentlichen werden. Selbstverständlich würden wir auch ihre Position, wenn Sie eine solche übermitteln, dort publizieren.

Mit freundlichen Grüßen

Prof.  Dr. Jutta Hübner
Dr.-Ing. Norbert Aust
Dr. med. Christian W. Lübbers
Udo Endruscheit


Dieses Angebot ist durchaus ernst gemeint. Über allfällige Reaktionen der ÄKH werden wir berichten.


Update, 12.10.2020

Der Vorstand der Ärztegesellschaft für Klassische Homöopathie hat auf unser Angebot hin mitgeteilt, dass dort kein Interesse am Angebot des INH bestehe,  in einer eigenen Veranstaltung Informationen „aus erster Hand“ zu geben  und ggf. Rede und Antwort zu stehen.

Wir bedauern das ausdrücklich. Wir hätten darin einen wesentlichen Schritt  zu einem eventuell doch noch zustande kommenden Diskurs zwischen Homöopathiegegnern und -befürwortern gesehen. Wir halten jedoch fest, dass der ständig erhobene Vorwurf gegen die Skeptiker, nicht diskursbereit zu sein, inzwischen auf vielfache Weise durch das Verhalten der homöopathischen Seite selbst ad absurdum geführt wurde.


Bildnachweise:  Gerd Altmann auf Pixabay  /  Screenshot Webseite ÄKH

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