Viele Menschen verstehen, dass Homöopathie nur auf Placebo-Effekten beruht. Aber sie stellen die Frage: „Was macht das schon? Solange es dem Patienten besser geht, ist das doch egal.“ Doch ist es auch ehrlich? Zumindest die Therapeuten sollten doch wissen, ob sie wirkliche Medizin verschreiben oder eben nur Scheinmedikamente. Und ist es ethisch vertretbar, den Patienten darüber im Unklaren zu lassen? Nach den geltenden Ethikrichtlinien für die Ärzteschaft: Nein. Es bedarf eines „informed consent“, einer „informierten Übereinkunft“, bis auf ganz wenige Konstellationen. Ob so ein „informed consent“ bei der verfestigten Wahrnehmung der Homöopathie als wirksamer Medizin überhaupt möglich ist, darf man bezweifeln. Dazu kommt:
Placebo-Antworten maskieren untaugliche Heilverfahren
Es ist schwer, zu unterscheiden, ob eine spezifische Wirkung eines Verfahrens vorliegt, wenn Scheinmedikamente gegeben werden, die auch immer irgendeine Wirkung haben können. Das ist ja genau das Dilemma der Homöopathie selbst.
Placebo-Antworten maskieren möglicherweise den tatsächlichen Gesundheitszustand des Patienten
Erhält der Patient Scheinmedikamente und glaubt sich gut behandelt, so nimmt er möglicherwiese seine Beschwerden anders wahr. So kann es zu einer Verschlechterung kommen – obwohl sich Betroffene besser fühlen.
Placebo-Antworten sind kein abrufbares, quantitativ genau zu bestimmendes Phänomen
In welcher Größenordnung, in welcher Richtung und ob sie überhaupt auftreten, ist im Einzelfall nicht vorher zu ermessen und auch im Nachhinein oft nicht zweifelsfrei belegbar.
Placebo-Effekte lassen sich nicht „gegen“ eine bestimmte Erkrankung richten, sie können nicht gezielt eingesetzt werden.
Die Verordnung von Placebo-Arzneien als Regeltherapie verlangt die Täuschung des Patienten
Warum? Weil der Therapeut zur Maximierung der Placebo-Antwort natürlich nicht die pharmakologische Unwirksamkeit der Arznei, sondern vielmehr die Bedeutungen „des Mittels“ in den Vordergrund des therapeutischen Gesprächs stellen wird.
Placebo-Gaben als Regeltherapie fördern die Medikamenten-Affinität
Placebogabe heißt sehr oft, dass selbst dann, wenn im Grunde keine Arzneien verabreicht werden müssten, der Patient trotzdem mit einer Medikamenten-Verordnung versehen wird. Dies halten wir vor allem bei Kindern für ein Problem (Stichwort „Globulisierung der Kinder“ – ihnen wird suggeriert, dass es für alles ein Mittelchen gäbe – und bräuchte, mit der Folge, dass eine solche Konditionierung auch noch im im Erwachsenenalter fortwirkt).
Placebo-Gaben, die nicht als solche ausgewiesen sind, führen den Patienten hinters Licht und sind nach den geltenden ärztlichen Richtlinien medizinethisch nicht korrekt
Um Placebos sinnvoll nutzen zu können, muss den Verabreichern selbst bewusst sein, dass es Placebos sind (eine absolute Grundvoraussetzung für ein „informiertes Einverständnis“. Die meisten Homöopathen gehen allerdings davon aus, dass die Homöopathie eben nicht (nur) eine Placebowirkung hat, sondern vertreten mit Nachdruck, mit ihr eine spezifisch wirksame Arzneimitteltherapie anzuwenden. Homöopathie wird üblicherweise als grenzenloses Allheilmittel bis hin zu Krebs, Aids und Ebola angepriesen – und nicht einmal der Deutsche Zentralverein homöopathischer Ärzte (DZVhÄ), distanziert sich von solchen Umtrieben, ganz im Gegenteil. Die regelmäßigen Jubelarien des DZVhÄ auf und die Unterstützung für das skandalöse Treiben der „Homöopathen ohne Grenzen“ in Kriegs- und Krisenregionen gibt dafür beredt Zeugnis. Wie sich das mit dem Selbstverständnis des DZVhÄ als Hüter der Patientensicherheit verträgt, möge jeder selbst beurteilen. Viele weitere Homöopathen-Webseiten geben Auskunft darüber, dass sie sich die Heilung von allem zutrauen. Davor gilt es Patienten zu schützen – nicht vor dem Placebo-Effekt.
Zum Weiterlesen empfehlen wir diesen Beitrag auf den Seiten der Schweizer Skeptiker:
https://www.skeptiker.ch/homoeopathie-placebo-moralisch-haltbar/
8 Antworten auf „FAQ 10 – Und wenn es nur Placebo ist – was macht das schon?“
Kommentare sind geschlossen.